Alles auf grün

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Ich hatte die Tage ein Telefonat mit einer guten Freundin. Wir unterhielten uns über die aktuelle Situation (für spätere Leser*innen: Corona) und wie sie und ihre Firma mit Home Office umgeht.

Dabei erzählte sie mir, dass es ganz gut klappt. Hatten sie vorher auch schon. Nur dieses nervige Mausgeschubse nervt. Da musste ich erstmal nachfragen, was sie denn damit meine? Na, dieses “Mausgeschubse”. Damit der Rechner weiterhin grün anzeigt, im firmeninternen Messengertool.

Online sein

Da wurde ich sehr neugierig. Sie erzählte mir also, dass sie immer grün (= online) sein muss. Nach fünf Minuten nichts am Rechner machen wird sie auf gelb (= Inaktiv) gestellt.

Wenn sie keine Termine hat und auf gelb ist, wird durchaus nachgefragt, wo sie denn sei.

Ich habe ein wenig Schnappatmung bekommen.

Vertrauen

Meine erste Frage war dann direkt, wie denn das Vertrauen im Unternehmen sei. Oh Wunder, nicht so optimal. Zumindest, was das Vertrauen vom Management gegenüber den Mitarbeitern angeht. Das Unternehmen ist auf Wirtschaftlichkeit ausgelegt. Das Zwischenmenschliche bleibt da eher mal auf der Strecke.

Das überraschte mich nun wirklich nicht.

Natürlich wollte ich wissen, wie es ihr damit gehe. Sie meinte, dass das schon ok wäre. Dann bewegt sie halt regelmäßig die Maus. Sie hat sich daran gewöhnt. So richtig wohl fühle sie sich im Unternehmen aber tatsächlich nicht. Den Job mache sie, weil es eben dazu gehört. Man muss ja Geld verdienen. Eine sinnvolle Tätigkeit ist es aber für sie nicht (vgl. “Sinn des (Arbeits-) Lebens“).

Ziele

Nun wurde ich neugieriger und fragte, ob die Mitarbeiter*innen leistungsorientierte Ziele hätten. “Ja” meinte sie. Es handelt sich fast ausschließlich um monetäre Ziele.

Scherzhafterweise meinte ich, dass sie in die nächste Gehaltsverhandlung “grün sein” mit aufnehmen sollte. Merkte dann aber noch an, dass es sich hierbei um eine Art Überwachung handelt. Und das rechtlich eine sehr schwierige Sache sei.

Das Gut “Vertrauen”

Was an diesem Beispiel deutlich wird, ist, dass Vertrauen ein hohes Gut ist. In dem geschilderten Unternehmen gibt es nur Misstrauen. Das Management hat entsprechend eine Kultur geschaffen, die auf eben diesem Misstrauen aufbaut. Bei den Mitarbeitern ist eine relativ hohe Fluktuation vorhanden, die Arbeit wird zwar erledigt, aber von “gerne” kann hier nicht die Rede sein.

Und man sieht sehr deutlich, dass so etwas wie Misstrauen in einzelnen Bereichen immer Auswirkungen auf andere Berieche hat: das Misstrauen in die Mitarbeiter, gekoppelt an eine Zielvorgabe, die nur bedingt sinnvoll ist, ergibt unzufriedene Mitarbeiter, die ihre Kunden nur bedingt gut behandeln. Qualität und Kundenzentrierung sollte hier nicht erwartet werden. Das spiegelt sich auf die Innovationskraft aus, neue Mitarbeiter werden nur schwer gefunden und neue Kunden auch nur mit viel Aufwand “überzeugt”.

Fazit

Liebe Unternehmer*innen, nehmt euch dieses Beispiel zu Herzen. Vertrauen bedeutet auch loslassen. Es heißt, dass eure Mitarbeiter wissen (wichtige Voraussetzung!) was, warum und wie sie etwas tun. Es liegt an euren Führungskräften und euch, dass ihr sie hierbei unterstützt. Es geht nicht um Kontrolle der Ergebnisse. Oder gar um Kontrolle der Zeit (vgl. “Zeit ist die billige Art der Führung“). Es geht um ein erfolgreiches Miteinander.

Dadurch wachsen auch die positiven Einflüsse auf eure Kundenlandschaft und auf eure Innovationskraft. Und was das heißt, sollte klar sein: ein interessantes Unternehmen, in dem gerne gearbeitet wird, Kunden bereit sind Geld auszugeben und eine gute gesamtwirtschaftliche Position.

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