Mehr Arbeit? KI und Effizienz
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Mehr arbeiten? Nein, danke.

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Warum wir klüger arbeiten müssen und wie KI uns dabei hilft

Friedrich Merz fordert, dass die Menschen in Deutschland wieder mehr arbeiten sollen. Auch Arbeitgeberverbände äußern sich in eine ähnliche Richtung. Zwischen Fachkräftemangel und wachsender Unsicherheit um wirtschaftliche Stabilität scheint die Lösung für viele in einer Rückkehr zur klassischen 40-Stunden-Woche zu liegen. Oder sogar darüber hinaus.

Doch ist das wirklich der richtige Weg?

Mehr Zeit am Schreibtisch bringt nicht automatisch mehr Wirkung

Die Vorstellung, dass mehr Arbeitszeit automatisch zu mehr Leistung führt, hält sich hartnäckig. Sie entspricht jedoch nicht dem, was wir über moderne Wissensarbeit wissen. In der heutigen Arbeitswelt zählt nicht in erster Linie die Anzahl der Stunden. Viel wichtiger sind Konzentration, Zielklarheit und ein sinnvoller Einsatz von Ressourcen.

Zahlreiche Studien zeigen, dass sich die meisten Menschen nur wenige Stunden pro Tag wirklich konzentriert mit komplexen Themen beschäftigen können. Danach lässt die kognitive Leistungsfähigkeit deutlich nach. Die Qualität sinkt, die Fehler nehmen zu, und der mentale Akku ist leer. Was übrig bleibt, ist häufig Beschäftigung ohne Produktivität.

Wer länger arbeitet, schafft also nicht zwangsläufig mehr. Oft entsteht sogar das Gegenteil.

Die 4-Tage-Woche als Signal für eine neue Denkkultur

Island, Neuseeland, Großbritannien – in vielen Ländern wurden in den letzten Jahren Experimente mit der 4-Tage-Woche durchgeführt. Die Ergebnisse sprechen für sich. Die Produktivität blieb konstant oder stieg sogar an. Gleichzeitig berichteten die Unternehmen über geringere Fehlzeiten, eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und eine geringere Fluktuation.

Solche Versuche zwingen Unternehmen und Teams dazu, die eigene Arbeitsweise zu hinterfragen. Sie schaffen den Rahmen, um klarer zu entscheiden, welche Aufgaben wirklich wichtig sind. Und sie ermöglichen eine neue Kultur, in der Effizienz wichtiger wird als bloße Präsenz.

Es geht nicht darum, weniger zu tun. Es geht darum, das Richtige zu tun.

Wenn 31 Prozent der Aufgaben nicht zum Menschen passen

Eine Analyse zur Arbeitsrealität von Wissensarbeiterinnen und Wissensarbeitern hat gezeigt, dass rund 31 Prozent der täglichen Aufgaben entweder ineffektiv sind oder nicht zur eigenen Rolle passen. Das bedeutet: Ein Drittel der Arbeitszeit erzeugt wenig oder gar keinen Mehrwert. Weder für die betroffenen Menschen noch für die Organisation.

Wenn wir also über eine Erhöhung der Arbeitszeit sprechen, müssen wir uns auch fragen: Wollen wir diesen Anteil mitverlängern? Oder wollen wir endlich erkennen, dass es nicht auf die Menge ankommt, sondern auf die Wirksamkeit?

Wenn Menschen nicht in ihrer Rolle arbeiten können

Wer sich die Realität in vielen Unternehmen anschaut, sieht eine einfache Wahrheit: Menschen machen häufig Aufgaben, die nicht zu ihnen passen. Sie sitzen in Meetings, in denen sie nichts beitragen können. Sie erstellen Präsentationen, die später niemand liest. Oder sie pflegen Datenbanken, obwohl ihre eigentlichen Stärken ganz woanders liegen.

Das ist nicht nur frustrierend. Es ist auch ein enormes Produktivitätsproblem. Denn so kann kein Mensch zum Profi in seiner Rolle werden. Wer ständig zwischen Aufgaben hin- und herspringt, ohne klare Verantwortung und ohne Bezug zur eigenen Expertise, wird nie in den Zustand echter Wirksamkeit kommen.

Gerade hier bietet Künstliche Intelligenz enorme Chancen. Sie kann nicht nur entlasten, sondern auch Orientierung geben. Wenn sie sinnvoll eingesetzt wird, hilft sie dabei, Aufgaben klarer zuzuordnen. Sie schafft Freiraum für das, was zählt. Und sie stärkt genau dort, wo Menschen ihre Stärken einbringen können.

Warum KI bisher viel zu selten Teil der Diskussion ist

In der öffentlichen Debatte zur Arbeitszeit spielt KI kaum eine Rolle. Das ist erstaunlich, denn sie verändert längst die Realität in vielen Organisationen. Dennoch wird sie in politischen Diskussionen oft übersehen oder unterschätzt.

Viele Unternehmen führen KI zwar ein, nutzen sie aber nur zur Automatisierung von Prozessen. Sie verstehen KI als Sparmaßnahme. Doch wer KI ausschließlich als Mittel zur Kostensenkung sieht, verkennt ihr eigentliches Potenzial.

Richtig eingesetzt kann Künstliche Intelligenz Entscheidungsprozesse verbessern, Verwaltungsaufwand reduzieren und Teams gezielt entlasten. Sie unterstützt dort, wo wiederholbare Aufgaben unnötig Zeit kosten. Sie ersetzt nicht den Menschen, sondern schafft Raum für echte Arbeit.

Mensch und KI – eine starke Kombination

Die größten Effekte entstehen dann, wenn KI nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung gesehen wird. In vielen Bereichen zeigt sich, dass diese Kombination zu deutlich mehr Wirkung führen kann.

Einige Beispiele:

  • Im Vertrieb analysiert KI Kundendaten und bereitet Gespräche vor. Die persönliche Beziehung bleibt beim Menschen.
  • In der IT ordnet KI Supportanfragen vor. Die komplexen Fälle bleiben dort, wo Expertise gefragt ist.
  • Im HR-Bereich sortiert KI Bewerbungen vor. Die Entscheidung über einen Menschen trifft aber weiterhin der Mensch.

Studien belegen, dass Unternehmen, die auf diese Verbindung setzen, ihre Produktivität um bis zu 40 Prozent steigern können. Unternehmen, die KI hingegen nur zur Automatisierung nutzen, erreichen oft nicht einmal die Hälfte dieser Effekte.

Was gute Führung jetzt leisten muss

Moderne Führung bedeutet nicht Kontrolle und Anwesenheitspflicht. Gute Führung schafft Klarheit, ermöglicht Entwicklung und beseitigt Hindernisse.

Führungskräfte stehen heute vor der Aufgabe, neue Strukturen zu schaffen. Sie müssen dafür sorgen, dass Teams sich auf das Wesentliche konzentrieren können. Sie sollten Aufgaben so verteilen, dass Menschen in ihrer Rolle arbeiten und ihre Stärken einsetzen können. Und sie sollten KI nicht als Bedrohung sehen, sondern als Werkzeug, das ihnen und ihren Teams hilft, besser zu arbeiten.

Es geht darum, Verantwortung zu übergeben und gleichzeitig Orientierung zu geben. Wer das schafft, macht den Unterschied.

KI im Schatten der Scham: Warum viele lieber schweigen

Eine aktuelle Studie der Duke University mit über 4.400 Teilnehmenden – viele davon aus Deutschland – zeigt ein überraschendes Ergebnis: Wer KI am Arbeitsplatz nutzt, hat oft Angst, dadurch als weniger kompetent, weniger fleißig oder sogar als ersetzbar zu gelten.

In Experimenten baten die Forschenden Menschen, sich vorzustellen, sie würden ein KI-Tool nutzen, etwa statt eines klassischen Dashboards. Die Reaktionen fielen deutlich aus. Viele wollten den KI-Einsatz lieber verschweigen. Die Sorge, negativ bewertet zu werden, überwog. Das eigentliche Problem ist also nicht die Technik. Es ist die Kultur, in der diese Technik genutzt wird.

Ein Beispiel aus meinem Umfeld macht das besonders deutlich: Eine Person erzählt, sie nutze regelmäßig KI-Tools. Doch niemand im Team weiß davon. Warum? „Es interessiert sie nicht – und ich will meinen Vorsprung nicht verlieren“, war die Antwort.

Solche Aussagen zeigen deutlich: Es fehlt nicht an Technologie. Es fehlt an Vertrauen. An Offenheit. Und an einer klaren gemeinsamen Haltung zur Nutzung neuer Werkzeuge.

Kulturwandel statt Tooldiskussion

Wenn wir KI richtig einführen wollen, reicht es nicht, sie als Werkzeug bereitzustellen. Es braucht eine andere Haltung. Eine neue Kultur.

Was das bedeutet?

  • Reflexion: Wo kann KI wirklich helfen? Und wo braucht es unbedingt den Menschen?
  • Transparenz: Wie sprechen wir im Team offen über die Nutzung? Wie teilen wir Erfahrungen – und auch Zweifel?
  • Verantwortung: Wer entscheidet über den Einsatz? Die Führungskraft, das Team oder jede:r für sich?
  • Kompetenzaufbau: Wie lernen wir, die Technik sinnvoll zu nutzen, ohne blindes Vertrauen?

Wenn wir KI weiterhin als „heimliches Werkzeug“ einsetzen, verstärken wir Misstrauen. Wenn wir sie aber als gemeinsames Mittel zur Entlastung und Verbesserung sehen, kann sie Teil einer modernen, menschlichen und produktiven Arbeitswelt werden.

Ein Ausblick: Was wäre, wenn wir wirklich umdenken?

Was würde passieren, wenn wir nicht länger Arbeitszeit in den Mittelpunkt stellen, sondern Wirkung?

Stellen wir uns eine Organisation vor, in der Menschen vier Tage pro Woche arbeiten. In dieser Zeit fokussieren sie sich auf das, was zählt. Unterstützt von KI-Systemen, die ihnen den Rücken freihalten. Ohne ständige Unterbrechungen. Ohne sinnlose Routinen. Mit klaren Zielen. Und mit dem Gefühl, gebraucht zu werden.

Führung wäre nicht mehr Kontrolle, sondern Entwicklung. Arbeit wäre nicht mehr erschöpfend, sondern wirksam. Und Zeit wäre nicht länger ein Kostenfaktor, sondern ein Möglichkeitsraum.

Das klingt nach Zukunft. Aber es ist machbar.

Fazit: Nicht mehr vom Alten, sondern etwas Besseres

Die Forderung nach „mehr Arbeit“ wirkt wie ein Rückfall in alte Denkweisen. Sie blendet wissenschaftliche Erkenntnisse aus. Sie ignoriert technologische Entwicklungen. Und sie geht an der Realität der Arbeitswelt vorbei.

Wirkung entsteht nicht durch Anwesenheit. Sie entsteht durch Klarheit, Konzentration und die richtige Unterstützung. Künstliche Intelligenz kann genau diese Unterstützung sein, wenn wir bereit sind, Arbeit wirklich neu zu denken.

Wir brauchen keine längeren Wochen. Wir brauchen bessere Arbeit. Und den Mut, uns auf das zu konzentrieren, was zählt.


Quellen:

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