Spa(h)nnende Führungskultur

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Jens Spahn polarisiert in der heutigen Zeit wie kaum ein anderer Politiker. Natürlich wird auch hier viel Kritik ihm gegenüber laut. Ich will nicht auf seine politische Arbeit, sein Privatleben oder seine Laufbahn vor seiner Karriere als Bundesgesundheitsminister eingehen. Vielmehr geht es hier um den oft verwendeten Vorwurf seiner Kritiker, dass Jens Spahn ein gelernter Bankkaufmann ist und keine Ausbildung im Gesundheitswesen absolviert hat. Damit sei er für die Aufgabe des Gesundheitsministers “nicht qualifiziert”. Anhand der Person “Jens Spahn” kann man also wunderbar sehen, wie Führung in Deutschland kulturell betrachtet wird.

Vorurteile

“Eine Person, die in einem Bereich gelernt, sich ausgebildet hat, kann diesen Bereich auch am besten führen”

In diesem konkreten Beispiel soll den Kritikern nach das Resort “Gesundheit” von einem Menschen geleitet werden, welcher auch in diesem Rahmen eine Ausbildung genossen hat, bspw. Ärzte. Doch wird dadurch der Job gleich besser gemacht? Vielleicht. Vielleicht läuft es aber noch schlechter oder im besten Fall richtig gut. Es wird aber nicht automatisch besser laufen. Genau hier wird das Vorurteil sichtbar: eine Person, die in einem Bereich gelernt, sich ausgebildet hat, kann diesen Bereich auch am besten führen.

Generische Übersicht

Dem ist nicht so. Denn Expertin/Experte (Leseempfehlung: “Von Beruf Experte“) in einem Bereich zu sein heißt nicht automatisch, dass diese Person auch führen kann. Hinzu kommen Entscheidungen, die auch über den eigenen Bereich hinaus gehen können und damit einen Weitblick voraussetzen, der von Expertinnen/Experten oft nicht gesehen wird (teilweise auch gesehen werden will). Experten haben oftmals in einem Bereich eine Expertise – vielleicht kommen noch ein, oder zwei Bereiche hinzu. Einen generischen Überblick zu haben ist etwas, was Experten normalerweise nicht auszeichnet. Muss es eben auch nicht.

Führung

Um auf das Beispiel Jens Spahn zurückzukommen: er hat zahlreiche Expertinnen und Experten in seinem Team. Es gibt Fachausschüsse, Expertenräte und Resorts die ihm zuarbeiten. Die fachliche Expertise wird also aus entsprechenden fachlichen Spezialistinnen und Spezialisten erarbeitet und ihm als Führungskraft vorgelegt (vereinfachte Darstellung!). Seine Aufgabe ist also durchaus die Inhalte zu verstehen, die Auswirkungen abzuschätzen, eine Entscheidung zu treffen und als Führungskraft für die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da zu sein – im Idealfall werden die mitarbeitenden Menschen gefördert und es wird jedem ermöglicht sich zu entfalten und weiterzuentwickeln. Gut, bei dem letzten Punkt ist es in der Politik noch viel Verbesserungspotential.

Kultur

Die kulturelle Sichtweise auf Führung ist sehr auf die Karriereleiter ausgerichtet: Schule, Ausbildung (“Lehrjahre sind keine Herrenjahre”), Einstieg ins Berufsleben und ab dann immer weiter die “Karriereleiter” nach oben steigen. Heißt, dass ab einem gewissen Alter die Führung von Menschen obligatorisch mit dazugehört (vgl. “Vorgesetzt“). Dieses kulturelle Bild einer Karriere ist veraltet und wirft heute mehr Probleme und Unzufriedenheit (bspw. ist die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unzufrieden in ihrem Job) hervor. Genau das ist ein Problem von Karriere und dem kulturellen Bild der “Führungskultur”.

Für Unternehmen

Was an diesem Beispiel und der öffentlichen Kritik deutlich wird, ist der Umstand, dass es sich bei Führung vornehmlich um andere Menschen dreht. Eine fachliche Detailtiefe ist nicht die Voraussetzung für eine gute Führungskraft – oftmals hindert dies sogar daran (vgl. “Zeit ist die billige Art der Führung“).

Eine gute Führungskraft hat also andere Fähigkeiten und muss nicht zwingend eine inhaltliche Fachkenntnis vorweisen. Es kann sogar hilfreich sein, ganz anderes Wissen mit einzubringen – so kann auch ein Blick über den Tellerrand hinaus erfolgen.

Wichtige Eigenschaft ist, dass eine Führungskraft führen will und kann (vgl. “Will ich führen?“). Sie muss also in der Lage sein, andere Menschen aktiv zu führen und genau für diese Menschen auch da sein.

Wichtige Eigenschaft ist, dass eine Führungskraft führen will und kann”

Stefan Wickenhäuser

Genau das ist es, was ich jedem Unternehmen nur empfehlen kann: nehmt das Beispiel Jens Spahn als Grundlage, schaut auf eure aktiven und zukünftigen Führungskräfte und bildet sie in der Führung aus. Natürlich wird ein gewisses fachliches Wissen nicht schaden. Aber eben nicht in der Expertentiefe.

Nehmt euch also eurer Führungskräfte an, schaut wer wirklich führen will, wer es kann und fördert diese Menschen!

Eine Antwort zu „Spa(h)nnende Führungskultur“

  1. Patriotisches Silodenken – Veraenderung Starten

    […] das ein politischer Beitrag? Ein wenig. Ich werde mal wieder die Politik (vgl. „Spa(h)nnende Führungskultur„) als Beispiel verwenden. Wie der Titel schon sagt, geht es um […]

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